Originale Begegnung |
Die Schülerinnen und Schüler der 10. wissen schon, dass es an diesem Freitagmorgen an das Thema "Boden" geht. Sie haben schließlich festes Schuhwerk anziehen
sollen und allerhand Material in die Hände bekommen: Klappspaten, Eimerchen, Zollstock, große Löffel, Plastikdosen mit Deckel.
Die gute Laune kommt sicher nicht vom neuen Thema, eher davon, dass für eine Doppelstunde die graue Monotonie unserer Schule
gegen die frische Luft und die Landschaft zwischen Stadtrand und Waldrand ausgetauscht wird. Zum nächsten "Boden" ist es nicht sehr weit. Gleich hinter unserem Schulparkplatz ist auf einem angrenzenden Grundstück eine Baustelle eingerichtet. In das Hanggrundstück hat ein Bagger eine Grube gekratzt, die bergseits einen ca. 4 m tiefen Einblick in den Aufbau des Untergrundes freigibt. Die Schüler beschreiben, was sie an dem "Aufschluss" sehen: Die obere Kante wird von der Grasnarbe gebildet. Einige Soden hängen wie Fetzen von der mit Apfelbäumen bestandenen Wiese herab. Aus der bräunlichen Schicht etwa vier handbreit darunter, ragen einige Wurzeln - teils geknickt, teils geborsten - in die Luft. Zu welchem Baum mögen die gehören? Die bräunliche Schicht ist von kleinen Steinplatten und -brocken durchsetzt, die rot sind und sandig wie das Hauptgestein unseres nordosthessischen Berglandes: Buntsandstein. Weiter unten ist davon noch mehr zu sehen: Eine mächtige Schicht aus rötlichen bis hellbräunlichen Steinchen, kantig und plattig, verkittet mit rotbraunem Lehm. Hier überwiegt der Steinanteil. Ich erläutere, dass dieses Material nicht hier entstanden ist, sondern wohl in der Eiszeit aus höheren Gebieten unseres Bromsbergs herabgerutscht ist. Auf der Sohle der Baugrube wird das anstehende Gestein sichtbar, was die Bauleute gewachsenen Boden nennen. Hier hat der Bagger eine in dicke Quader zerbrochene Buntsandsteinbank freigelegt. |
Den Boden entdecken - natürlich draußen |
Es geht weiter zum Waldrand, der nur 15 Wegminuten von der Schule entfernt ist. An einer Stelle, wo sich der Waldweg tief in den Hang
eingeschnitten hat und das Kiefernwäldchen über der nackten mannshohen Böschung eine scharfe Vegetationsgrenze bildet, bleiben wir stehen.
Die Frage "Was ist eigentlich Boden?" stellt die Schüler vor Schwierigkeiten. Die obere Schicht mit den Pflanzen? Das Braune?
Die ganze Böschung? Begriffe wie "Erde" und "Dreck" fallen und zeigen uns, wie arm unsere Sprache ist. Erde heißt doch auch unser Planet.
Und Dreck? Ist Waldboden schmutzig? Wir wenden uns dem Aufschluss zu. Mit Spaten und Messer wird die Vegetationskante sauber angeschnitten
und die Böschung freigekratzt. Man sieht deutlich eine waagerechte Zonierung, aber auch senkrechte Strukturen. Unter der eigentlichen
Pflanzendecke liegen abgestorbene Pflanzenteile: Nadeln, Blätter, kleine Zweigstücke und Früchte, darunter eine torfähnliche Schicht,
feucht und schwarzbraun. Es schließt sich eine pulverige bis sandige Zone an, oben graubraun, nach unten immer beige-brauner werdend,
die von Wurzeln und kleinen Kanälchen durchzogen ist. Die unterste und im Profil dickste Schicht ist den Schülern schon vom Bauplatz
hinter der Schule bekannt: In zahllose kantige Steinchen aus feinerem und gröberem Sand zerbrochen zeigt sich hier der Buntsandsteinuntergrund.
Dicke Wurzeln, die sich zwischen die bröseligen Schuttpakete zwängen, haben wohl das spröde Gestein zum Bersten gebracht. Oder folgen sie nur
vorhandenen Klüften auf der Suche nach Halt oder nach Wasser und Nährstoffen? Die Schüler äußern Vermutungen, so ein Einblick regt an. Ich erläutere, dass der eigentliche Boden die Schicht ist, die über der Gesteinsschicht beginnt und bis unter die Schicht aus verrotteten Pflanzenteilen reicht. Nun können die ersten Untersuchungen beginnen. An Ort und Stelle lässt sich die Zersetzung des pflanzlichen Auflagematerials verfolgen. Die Schüler können das Aufschlussprofil in einer einfachen Skizze festhalten und beschriften. Für die weiterführenden Untersuchungen werden Proben des Mineralbodens und der Streuschicht in Beutelchen und Plastikdosen vom Unterrichtsgang mit in die Schule genommen. |
Lernparcour I |
Hier steht der stoffliche Charakter des Bodenmaterials im Zentrum der Betrachtung. Die Eigenschaften,
die auf der Korngrößenzusammensetzung beruhen, werden in den Experimenten Schritt für Schritt erkundet.
Ein Lesetext über zwei bei uns verbreitete Bodenarten rundet diesen Parcour ab.
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Lernparcour II |
Boden bedeutet Leben - und eine natürliche Bodenprobe steckt voller Leben. Die Schülerinnen und Schüler sollen Bodenlebewesen
kennen lernen und in ihren Lebens- und Arbeitszusammenhängen beobachten. Außerdem geht es in diesem Parcour um die organische
Bodensubstanz "Humus" - als Substanz stofflich zwar hochkomplex, aber experimentell erschließbar.
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Lernparcour III |
In diesen 8 Stationen geht es um bestimmte Inhaltsstoffe, die durch Löse- und Adsorptionsprozesse wesentlich zur Pflanzenernährung
beitragen. Im Zusammenhang mit dem Boden-pH und dem Kalkgehalt wird das komplexe Ionenaustauschsystem betrachtet, das sowohl für die
Pufferung (z.B. gegenüber Saurem Regen) als auch für den Nährstoffhaushalt verantwortlich ist. Von den vielen auffindbaren Stoffkreisläufen
im System Boden wird hier der Phosphatkreislauf näher untersucht.
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Durchführung | Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 bilden Gruppen mit 2-4 Personen. Eine Station sollte
in 15 min / max 20 min bewältigt werden. Zur Verschriftlichung der Versuchsergebnisse werden vorbereitete
Protokollbögen ausgegeben. Wenn aus zeitlichen Gründen nicht alle Gruppen alle Stationen bearbeiten können,
sollte jede Gruppe in einem vorgegebenen Arbeitsraster aber 4 Stationen bearbeiten. Die Versuchsdurchführung
und die Ergebnisse müssen vor der Gesamtgruppe erläutert werden. |
Viele Unterrichtsvorschläge zum Thema "Boden" sind in einem Materialband Peter Slaby: "Wir erforschen den Boden", Verlag Die Werkstatt / AOL-Verlag 1988 (Euro 19.-) zusammengestellt.