Erdfarben: Ockergewinnung

Roussillon (1) Ockerbrüche bei Roussillon: Hier bauten schon die alten Römer die erdfarbenen Pigmente ab und handelten damit im ganzen Reich. Sie gaben dem Ort den Namen "vicus russulus", also rotes Dorf.
Über das Mittelalter gerieten die Ockerfarben und damit der Abbau in Vergessenheit. Erst 1780 entwickelte man die Pigmentgewinnung neu.
In Gargas, einem Nachbarort Roussillons nahe der provencalischen Stadt Apt am Fuße des Luberon, wird auch heute noch Ocker gewonnen.
Rustrel (2) Wo an schroffen Abhängen die Landschaft im Gebiet bei Roussillon, Gargas oder Rustrel aufgeschlossen ist, gewinnt man einen Einblick in die Schichtung des Bodens. Stark gefärbte Zonen, die den Ocker enthalten, wechseln sich mit bleichen Horizonten ab.
Ganz oben unter der Vegetationsschicht findet man bisweilen noch die steinharte Laterit-Kruste.
Diese mit Sand durchmischte Eisenoxidschicht lässt auf eine Bodenbildung unter tropischen Klimabedingungen schließen, wie sie in diesem Gebiet vor über 50 Mio. Jahren herrschten.
Mikroskop (3) Die Lockersedimente bestehen größtenteils aus Quarzsand, dessen Zwischenräume von hellen Tonpartikeln mit farbigen Eisenmineralen, dem Ocker, gefüllt sind, wie man auf der stark vergrößerten Mikroskop-Aufnahme erkennen kann.
Marmorierung (4) Ocker besteht aus verschiedenen Mineralen des dreiwertigen Eisens, die in oxidische und silikatische Strukturen (Ton) eingebunden sind. Wichtigstes Mineral ist Goethit, den man als FeOOH oder auch als Fe2O3*H2O formulieren kann.
Bei der Nuancierung der Gelb-, Orange-, und Rotbraun-Töne spielt auch der Kristallwassergehalt eine Rolle.
Grünliche Bereiche in den Sedimentschichten enthalten Minerale des zweiwertigen Eisens. Sie weisen auf einen Sauerstoffmangel während der Mineralbildung, zum Beispiel wegen starker Durchnässung dieser Bereiche hin.
Abbau (5) Die Gewinnung der Ockererde ist denkbar einfach: Aus den meterhohen Sedimentschichten wird mit starkem Wasserstrahl der Sand mit den tonigen Farbpigmenten ausgewaschen.
Früher hat man bei Gargas die Ockererde auch bergmännisch abgebaut, mit einfachen Handwerkzeugen. So sind unter den Hügeln bei Gargas heute meterhohe Höhlengänge zu finden - insgesamt ca. 50 km.
Flotation (6) Mit starkem Wasserstrahl wird das Rohmaterial in eine Rinne gespült. Hier trennt sich der Ockerschlamm vom Sand. Der gröbere Sand lagert sich bei dieser "fraktionierten Sedimentation" zu unterst, Feinsand und Schluff darüber. Der Tonschlamm fließt obenauf in der schrägen Rinne weiter.
Auch Hydrozyklone sind im Einsatz um mittels Fliehkraft den reinen Ockerschlamm abzutrennen, der in Klärbecken weitergeleitet wird.
Sedimentation (7) In großen Teichbecken kommt der übrig bleibende feine Schlamm zur Ruhe. Jetzt sedimentiert der tonigen Feinschlamm, der die wertvolle Ockererde enthält.
Ockerschnitt (8) Der Großteil des überstehenden klaren Wassers wird aus den Teichen entfernt, den Rest schafft die südliche Sommersonne.
Wenn der Ockerschlamm "schnittfest" entwässert ist, wird er in handwerklicher Technik in Quader zerschnitten.
Ockerschnitt (9) Heute lässt man ihn auch ungeschnitten durchtrocknen, wobei das bekannte polygonale Raster von Schrumpfrissen entsteht. Das Schrumpfen (Volumenverlust) kommt daher, dass die blättchenförmigen Tonminerale ihr an- und eingelagertes Wasser an die Luft abgeben.
Es werden heute Radlader eingesetzt, die die getrocknete Ockermasse mit der Frontschaufel aufnehmen.
Trocknung (10) Vor der weiteren Verarbeitung (Mahlen, Brennen, Mischen) müssen die Ockerstücke an der Luft vollständig durchtrocknen. Was nicht gebrannt wird (z.B. gelbliche. beige Ockertöne), wird zu gleichmäßig feinem Pulver vermahlen.
Brennen (11) In Brennöfen wird gelblicher und bräunlicher Ocker bei über 400°C gebrannt, dabei entweicht aus dem Goethit das chemisch gebundene Wasser und es entsteht roter Hämatit.
Je nach Temperaturführung, kann dieser Prozess mehr oder weniger vollständig gesteuert werden, was die Produktion unterschiedlicher Rottöne ermöglicht.
(12) Durch Mischen von unterschiedlich gefärbten Ocker-Pigmenten wird nahezu die ganze Palette der Erdfarben von beige über gelb und orange, bis braun und rot hergestellt. Das Bild zeigt eine künstlerische Ocker-Installation in einer ehem. Ockerfabrik bei Roussillon.
Dorf in Ocker (13) Ockerpigmente werden nicht nur in der Heimat des Ockers (Bild: Roussillon) zur Wandfärbung, sondern für vielerlei Färbezwecke weltweit gehandelt. Die Leuchtkraft der Eisenoxid-Pigmente kommt im starken Sonnenlicht Südfrankreichs besonders gut zur Geltung, an den Hauswänden der provencalischen Dörfer ebenso wie in den Ockerbrüchen von Roussillon oder Rustrel.
Die Fotos (3, 6, 7, 8, 10 und 11) wurden von Wolf-Ullrich Malm zur Verfügung gestellt, der auch anbietet, Proben von Ockersedimenten für den Chemieunterricht aus Südfrankreich zu beschaffen. Kontakt wmalm@on-luebeck.de
L'industrie de l'ocre en Vaucluse Ocker-Pigmente kaufen: Fa. Kremer, Aichstetten

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